25.03.2014 - Kein Schadensersatzanspruch wegen Benachteiligung bei objektiver Ungeeignetheit eines Bewerbers

Rechtsgebiet: Arbeitsrecht

Besprechung: Urteil des Bundesarbeitsgerichts vom 14.11.2013, Az. 8 AZR 997/12

In seinem Urteil vom 14.11.2013 stellt das BAG klar, dass das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG) vor einer ungerechtfertigten Benachteiligung schützt und keine Sanktion für eine unredliche Gesinnung des potentiellen Arbeitgebers darstellen soll. Aus diesem Grund  steht einem objektiv ungeeigneten Bewerber kein Entschädigungsanspruch nach § 15 Abs. 2 AGG zu. Dies gilt auch dann, wenn der Arbeitgeber bei Ablehnung des Bewerbers keine Kenntnis von der objektiven Nichteignung des Bewerbers hatte.

Dem Urteil lag folgender Sachverhalt zugrunde. Ein Unternehmen suchte Führungsnachwuchs und schrieb aus diesem Grund  öffentlich ein Traineeprogramm aus. Dies sollte speziell auf hochqualifizierte Berufseinsteiger zugeschnitten sein, die ein „überdurchschnittlich“ bis „gutes“ erstes juristisches Staatsexamen absolviert haben, welches maximal ein Jahr zurück liegt. Der Kläger, konnte eine solche ausgezeichnete Leistung jedoch nicht vorweisen. Des Weiteren war er bei der Bewerbung schon 36 Jahre alt und sein Staatsexamen lag zu diesem Zeitpunkt acht Jahre zurück. Hinzu kommt, dass sich der Kläger ohne Angabe seiner Examensnote oder Kopie des Examenszeugnisses bewarb. Folglich erhielt er von dem besagten Unternehmen sofort eine Absage auf seine Bewerbung. Der Kläger war der Ansicht es läge eine Diskriminierung aufgrund seines Alters vor, und klagte unter anderem auf eine Entschädigung in Höhe von 20.000,00 €.

Das BAG geht bei seinen Entscheidungsgründen jedoch nicht auf die im Sachverhalt von dem Unternehmen aufgeworfenen Argumente ein, dass die ausgeschriebene Stelle sich gerade an junge Hochschulabsolventen richten soll und das Traineeprogramm auf Nachwuchspersonal zugeschnitten ist, welches zukünftige Führungskräfte darstellen und somit an das Unternehmen gebunden werden sollen.

Das BAG stellt vielmehr auf die sogenannte „vergleichbare Situation“ ab, in welcher sich Bewerber gem. § 3 Abs. 1 Satz 1 AGG befinden sollen. Der Kläger habe sich mit den anderen Bewerbern gerade nicht einer solchen „vergleichbaren Situation“ befunden. Aus diesem Grund könne auch keine Benachteiligung vorliegen. Der Kläger sei nicht mit den anderen Bewerbern vergleichbar, denn er habe kein überdurchschnittliches Examensergebnis erzielt, wie seine Mitbewerber, und somit von vornherein nicht den Anforderungen der ausgeschriebenen Stelle entsprochen. Es komme auch nicht darauf an, dass die Bewerbung des Klägers lückenhaft war und das Unternehmen keine Kenntnis von seiner mangelhaften Examensnote hatte, denn ihm fehlte bereits die maßgebliche objektive Eignung.  Das AGG will vor einer ungerechtfertigten Benachteiligung eines Bewerbers schützen und nicht einem objektiv nicht geeigneten Bewerber einen Entschädigungsanspruch nach § 15 Abs. 2 AGG zusprechen.  Die mittelbare Benachteiligung wegen seines Alters, welches nach § 3 Abs. 2 AGG vorliegen könnte, scheidet somit aus, da der Kläger von vornherein aus einem anderen Grund, nämlich seiner mittelmäßigen Examensnote, den objektiven Anforderungen der Stellenausschreibung nicht entsprach. Dies sei selbst der Fall, wenn wie vorliegend, der potentielle Arbeitgeber auf Grund der mangelhaften Bewerbung (keine Angabe einer Examensnote), von der objektiven Nichteignung des Bewerbers keine Kenntnis hatte.

Fazit:

Das Urteil und seine Begründung sind sehr erfreulich, da sie dem ausufernden AGG-Hopping eine objektive Grenze setzt. Für die Arbeitgeber bedeutet das Urteil eine deutlich höhere Sicherheit bei der Ablehnung von Bewerbern, die objektiv ungeeignet sind – und zwar unabhängig davon, ob sie von der Ungeeignetheit des Bewerbers wussten oder nicht. Ist ein Bewerber objektiv für eine ausgeschriebene Stelle ungeeignet, ist eine erfolgreiche Geltendmachung eines AGG-Verstoßes durch den abgelehnten Bewerber nun kaum mehr möglich.

Für den Arbeitgeber empfiehlt es sich, bei Ausschreibungen die Tätigkeitsbeschreibung sowie die erforderlichen Anforderungen eines Arbeitsplatzes eng zu formulieren. Je klarer und enger die Formulierung, umso leichter fällt es den Arbeitsgerichten festzustellen, ob ein Bewerber von vorneherein für die Stelle ungeeignet war oder nicht. Personen, welche durch ihre Bewerbung ausschließlich das Ziel verfolgen, Ansprüche wegen vermeintlicher Benachteiligung zu erlangen, wird hierdurch die Geltendmachung von Schadensersatz wegen vermeintlichen AGG-Verstößen deutlich erschwert.

Ihr Ansprechpartner: Rechtsanwalt Tobias Leichtle, LL.M.